Einführung
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Bei den Wassertemperaturen in unseren Breitengraden sollte man sich der Gefahr einer möglichen Vereisung
des Lungenautomaten bewußt sein. Die allgemeine Annahme, dass dies nur im Winter oder bei Eistauchgängen
ein Risiko darstellt, ist nicht ganz korrekt. Sicher ist die Gefahr hier größer, aber man spricht schon
bei Wassertemperaturen unter 10°C von Kaltwassertauchen (in Deutschland spätestens unter der 1. Sprungschicht
ganzjährig). Ebenso ist die mögliche Aussage: "Dies ist ein vereisungssicherer Automat" eines Fachhändlers im
Verkaufsgespräch nicht korrekt. Jeder Atemregler kann einfrieren, der eine ist vielleicht nur besser zum
Kaltwassertauchen geeignet als ein anderer. Wenn man 20 Taucher befragt, welcher denn Ihrer Meinung nach der
sicherste Automat sei, bekommt man ca. 30 verschiedene Antworten. Ich werde dieses Thema hier ein wenig genauer
durchleuchten. Aber eine Antwort auf die Frage nach dem sichersten Luftspender kann auch ich nicht geben.
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Wie passierts?
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Da eine Vereisung oft am Abblasen der 2. Stufe zu erkennen ist, sehen viele Taucher auch hier die
Ursache. Das ist aber falsch! Zwar ist das Einfrieren einer 2. Stufe prinzipiell möglich, doch fast
immer ist die Hochdruckstufe betroffen. Durch physikalische Gesetze (Ausdehnung der Luft / Kühlschrankprinzip)
kommt es im Einatemvorgang zu einem Abkühlen in den Stufen. Dabei kann die Temperatur im Regler auch bei
20°C Umgebungstemperatur an einigen Stellen der Hochdruckstufe kurzzeitig auf minus 20°C fallen. Das Problem ist also
der Wärmebedarf der Gase beim Entspannen und dessen Deckung. An Stellen, wo die kalte Atemluft mit Feuchtigkeit
in Berührung kommt, könnten sich Eiskristalle bilden und diese sorgen für die folgenden Probleme.
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Äußere Vereisung
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Äußere Vereisung meint ein Einfrieren des Atemreglers in den Bereichen, die während
des Tauchgangs vom Wasser umspült sind. Über Öffnungen tritt Wasser in den Federstellraum
einer kolbengesteuerten Hochdruckstufe ein. Sind empfindliche Bereiche des Kolbens nicht entsprechend gegen
Vereisung geschützt, so kann der Kolben hier durch das Eis in geöffneter Position festgehalten
werden. Der Atemregler bläst in diesem Fall durch die "Fail Safe"-Bauweise ab.
Von der Gefahr einer äußeren Vereisung sind alle kolbengesteuerten Hochdruckstufen betroffen, mit
ausnahme der Regler von Sherwood, welche durch eine technische Besonderheit eine Sonderrolle einnehmen.
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Innere Vereisung
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Die Ursache dafür liegt in einer zu feuchten Luft in der Pressluftflasche, die im Falle einer Vereisung das Ventil
oder den Sinterfilter der 1. Stufe komplett verschließen kann.
In diesem Fall bekommt der Taucher gar keine Luft mehr. Betrifft es andere Bereiche der
Hochdruckstufe, dann wird ein moderner Atemregler in aller Regel abblasen. Hier ist also prinzipiell beides möglich.
Die Gefahr der "inneren Vereisung"
besteht für kolben- wie auch membrangesteuerte Lungenautomaten gleichermaßen. Die dazu notwendige Feuchtigkeit
kommt z.B. über einen unzureichend gewarteten Kompressor in die Flasche. Hier muss man wohl seiner
Füllstation vertrauen.
Eine weitere Ursache für dieses Problem ist die Tatsache, dass
viele Taucher beim Spülen des Lungenautomaten nach dem Tauchgang nicht darauf achten, dass dabei kein Wasser
in die Hochdruckstufe kommen darf. Dies ist sowohl über die Anschlusswelle der 1. Stufe, als auch auf dem
Weg über die 2. Stufe möglich. Wenn Sie Ihren Atemregler mit Frischwasser abspülen, dann verschliessen Sie
die Öffnung am Handrad und ziehen ihn nur einige Male durch das Wasserbecken. Nicht reinlegen und "einweichen"!
Das Aufsetzen der Schutzkappe auf das Anschlussgewinde reicht hier oftmals nicht, da sich diese lösen könnte
bzw. auch von vornherein keinen wasserdichten Verschluss darstellt. Ich halte die Öffnung der 1. Stufe zum Abspülen
einfach fest mit dem Daumen zu.
Außerdem ist es zu unterlassen, beim
Spülen der 2. Stufe die Luftdusche zu drücken. Dadurch wird das Ventil geöffnet und Wasser kann durch den
Niederdruckschlauch seinen Weg in die 1. Stufe finden. Es soll tatsächlich auch Taucher geben, die ihren Regler nach einem
Tauchgang auseinanderschrauben, um die Schläuche auch von innen mit Wasser ausspülen. Auch wenn es sicher gut gemeint war,
ist davon ebenfalls dringend abzuraten!
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Membran oder Kolben, was ist besser?
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Diese Frage wird viel diskutiert und diese Entscheidung kann auch ich Ihnen natürlich nicht abnehmen. Aber ich kann
nochmal einige Gedangen dazu festhalten: Wie eingangs bereits formuliert, kann prinzipiell jeder Regler einfrieren.
Auch bei kaltwassertauglichen Lungenautomaten ist dies möglich, die Gefahr ist hier durch besondere Bauweisen
nur deutlich geringer.
Weit verbreitet ist die Annahme, dass kolbengesteuerte Antemregler nicht so gut fürs Kaltwassertauchen
geeignet seien, da hier ja ein Teilbereich der Hochdruckstufe direkten Kontakt zum Wasser hat. Ja, dieser bauartbedingte
Wasserkontakt ist, wie oben beschrieben, die Ursache für die Möglichkeit der äußeren Vereisung. Jedoch ist
vor der generellen Verurteilung dieser Bauweise zu bedenken, dass die Wassertemperatur nie unter dem Gefrierpunkt
liegen wird und deshalb eher als "Wärmespender" für die Bereiche in der Hochdruckstufe angesehen werden
kann, welche durch die hohe Durchströmgeschwindigkeit der Atemgase Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt
standhalten müssen. Hinzu kommen viele technische Lösungen, wie z.B. der Einsatz besonderer Materialien an
kritischen Stellen, welche die Gefahr der äußeren Vereisung wirksam minimieren.
Membrangesteuerte Regler sind hermetisch gekapselt, es dringt also kein Wasser in die 1. Stufe ein. Damit auch
kein Salz und Schmutz, was natürlich positiv zu bewerten ist. Beachten Sie aber folgendes: Einige membrangesteuerte
Atemregler erfüllen die Normen für die Kaltwassertauglichkeit erst dann, wenn sie mit einem
zusätzlichen Kaltwasserkit ausgerüstet wurden. Diese Info steht meist nur im Kleingedruckten
einer Betriebsanleitung. Die Werbung könnte man jedoch oft auch so verstehen, dass sie bereits im ausgelieferten
Zustand vereisungsgeschützt sind. Schauen Sie also sicherheitshalber einfach mal ganz genau in Ihrer Anleitung nach.
Ansonsten sprechen nur die mitunter höheren Kosten für den Unterhalt gegen einen membrangesteuerten
Atemregler: Es sind mehr bewegliche Teile vorhanden, die jährlich gewechselt werden müssen.
Fazit: Zumindest vor der inneren Vereisung (siehe oben) ist keines der beiden Systeme sicher. Entscheiden Sie sich deshalb in
jedem Falle für einen Regler, der mindestens die geltenden Bestimmungen für die Kaltwassertauglichkeit
erfüllt und beachten Sie zusätzlich die folgenden Praxishinweise, um die Vereisungsgefahr zu minimieren:
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Wie kann man die Gefahr minimieren?
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- Benutzen Sie ausschliesslich Atemregler, die für den Gebrauch in kaltem Wasser geeignet sind.
- Lagern und montieren Sie Ihr Tauchgerät in möglichst warmer Umgebung.
- Setzen Sie eventuell vorhandene Einstellmöglichkeiten an der 2. Stufe auf Minimum - Position.
- Vermeiden Sie hohen Luftdurchsatz wie z.B. durch schnelle Atmung, gleichzeitiges Benutzen von Atemregler und Inflator, Trockenanzug oder Octopus.
- Wenn die Lufttemperatur unter der des Wassers liegt, beginnen Sie erst unter der Wasseroberfläche mit der Atmung durch den Regler.
- Für Tauchgänge in kaltem Wasser empfehlen wir dringend eine Flasche mit getrennt
absperrbarem Doppelventil. Daran werden dann 2 komplette Lungenautomaten befestigt. Im Falle einer
Vereisung wird dann der Abgang mit dem betroffenen Regler zugedreht und man taucht mit dem 2. Atemregler weiter. Nach kurzer Zeit hat sich die Vereisung in der Regel gelöst und man kann das Ventil wieder öffnen.
- Lassen Sie Ihre Flasche nur in vertrauenswürdigen Basen füllen und behalten Sie immer einen Restdruck von mind. 10 bis 20 bar auf dem Gerät. In leere Flaschen könnte Feuchtigkeit eindringen!
- Halten Sie den vom Hersteller empfohlenen Wartungsrhythmus ein - meist jährlich.
- Drücken Sie beim Abspülen Ihres Reglers auf keinen Fall die Luftdusche! Ebenso ist die Öffnung zum
Flaschenanschluss an der 1. Stufe wasserdicht zu verschliessen. Geschieht dies nicht, kann Wasser in das
Gerät eindringen und beim nächsten Tauchgang für Probleme sorgen.
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Verhalten im Ernstfall
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Ein eingefrorener Regler äußert sich meist dadurch, dass die 2. Stufe frei abbläst. In diesem Fall
weichen Sie wie eben beschrieben auf Ihr Reservesystem (kompletter Lungenautomat an einem extra Ventilabgang) aus. Ist
dies nicht vorhanden sollten sie ruhig aber sofort (Tauchpartner nicht vergessen) den Aufstieg beginnen, da der
Luftvorrat je nach momentanem Flaschendruck durch das Abblasen schnell zur Neige geht. Um aus dem abblasenden Regler weiter
zu atmen, verschliessen Sie das Mundstück nicht wie normalerweise komplett mit dem Mund, sondern lassen der
überschüssigen Luft Platz zum seitlichen entweichen. Die beste Umschreibung für die Atemtechnik in dieser Situation
ist wohl "Luft schlürfen". So ein Aufstieg ist mit ein wenig Übung problemlos durchzuführen,
trainieren Sie dies ruhig hin und wieder im Flachwasser. Simulieren Sie dazu einen vereisten Regler durch drücken
der Luftdusche.
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Das Team vom Tauchsportservice Potsdam wünscht allzeit sichere Tauchgänge!
Text: © M. Uhlmann / 200bar.de
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