www.200bar.deTauchsportservice Potsdam 
Kontakt
Tauchkurse
Tauchsportservice
Service für Taucher
Terminplan
TecTauchen
Tauchen in Deutschland
Tauchspots weltweit
Biologie
Tauchmedizin
Tauchausrüstung
Reisebüro
Praxistipps
Adresse Tauchsportservice Potsdam
E-Mail Tauchsportservice Potsdam
Home | Startseite Sitemap | Inhaltsverzeichnis News | Nachrichten | Neuheiten Zum Forum
Tauchen Sie ein!
Dekounfall - Wie vermeiden?

Wir haben einen Taucharzt gebeten, zum Tauchunfallbericht "Dekounfall auf 10m?" einen Kommentar zu verfassen. Dr. med Torsten Encke gibt uns darin u.a. wichtige Tipps und Hinweise, wie das Risiko eines Dekounfalls verringert werden kann.


Hallo Matthes,

hier ein paar Ausführungen zu dem von Dir geschickten Fall. Prinzipiell kann ein Tauchunfall, ganz allgemein gesagt, in jeder Tiefe auftreten. Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung entstehen die meisten Tauchunfälle in geringen (sogar belächelten) Tiefen. Weiterhin sind Dekounfälle auch möglich, wenn in der Nullzeit getaucht wurde bzw. Austauchzeiten genau eingehalten werden. Unabhängig davon gibt es in größeren Tiefen natürlich auch Risiken, die zu beachten sind. Es sei nur an den bekannten Tiefenrausch durch Stickstoff (ab Partialdruck von ca.4 bar) oder die schon weniger bekannte Giftigkeit des Sauerstoffs ab ca. 1,4 bar Partialdruck (etwa 58 m bei Pressluft). Frühere Empfehlungen gehen noch von 1,6 bar (66 m) Sauerstoffpartialdruck aus.

Nun zum vorliegenden Fall. Von der Zuordnung her muß man diesen wohl einer Dekokrankheit (DCS) zuordnen, genauer einer DCS Typ I (Typ I "pain only", Typ II "neurological"), obwohl offensichtlich auch schon neurologische Strukturen betroffen waren (" ... Nadelstiche nicht gemerkt ..."). Typisch: Schmerz in/an großen (+ kleinen) Gelenken, in gelenknaher Muskulatur und Bändern, im Unterhautfettgewebe (Taucherflöhe) etc.. Latenzzeit 1 - 24, teilweise 48 (!) Stunden nach einem Tauchgang. Beim Typ II erfolgen im Gegensatz dazu 90% der Ereignisse etwa innerhalb einer Stunde nach TG-Ende.

Diese schon etwas in die Jahre gekommene Einteilung ist nicht für alle Fälle befriedigend. Es hat sich inzwischen herausgestellt, daß viele in der Tauchmedizin üblichen Einteilungen weniger Realitätscharakter zeigten als angenommen. Häufig ist eine exakte Unterscheidung nicht möglich und erforderlich, da Symptome und Therapie oftmals ähnlich oder sogar gleich sind. Man ist deshalb zur Bezeichnung "Dekompressions - Erkrankung" (Decompression Illness, DCI) übergegangen und charakterisiert diese dann genauer anhand der jeweiligen Verlaufsform.

Ursache einer DCI ist das Ausperlen von Bläschen (des Inertgases Stickstoff), weil die Gasspannung des gelösten Stickstoffs im Körper den Umgebungsdruck um eine sogenannte "erlaubte Überspannung" überschreitet. Diese Bläschen können "stumm" bleiben (eigentlich entstehen bei jedem Tauchgang Bläschen) oder aber bei entsprechender Größenzunahme die Symptomatik verursachen. Sie bewirken im Gewebe u.a. eine Ischämie (Blutleere), Gewebekompression und/oder -zerreißung sowie Entzündungsreaktionen, letztendlich eben mit der oben angeführten Symptomatik. Übrigens kann eine ungewöhnliche Müdigkeit ein erstes und frühes Zeichen einer DCI sein, wenn auch eine gewisse Müdigkeit nach allen Aufenthalten unter erhöhtem Druck aufzutreten scheint und wohl auch alle Taucher bestätigen können.

Es gibt außerdem eine Reihe von Umständen, die das Auftreten von Dekompressionserscheinungen beeinflussen:

  • Zunächst offensichtlich die individuellen Unterschiede zwischen den einzelnen Personen, die bis heute nicht restlos geklärt sind. Man weiß z.B., daß Übergewicht die Empfindlichkeit für Dekounfälle erhöht. Fettgewebe gehört zu den weniger gut durchbluteten Geweben des Körpers, d.h., ein Abtransport des Stickstoffs beim Austauchen ist erschwert und kann z.B. bei kältebedingter Durchblutungsminderung noch weiter verringert sein. Dabei nimmt Fettgewebe aber ein Mehrfaches an Stickstoff auf als "wäßrige" Gewebe.
  • Kälteeinwirkung spielt in diesem Zusammenhang noch eine weitere Rolle. Bei niedrigerer Temperatur lösen sich Gase besser in Flüssigkeit, also z.B. bei einem "Kältetauchgang". Erfolgt dann eine relativ rasche Aufwärmung, vielleicht sogar noch unter einer heißen Dusche nach dem Tauchgang, kann das durchaus eine Symptomatik bewirken.
  • Bei Arbeit unter Druck erhöht sich die Gewebedurchblutung mit schnellerer Sättigung der Gewebe mit Stickstoff. Diese erhöhte Durchblutung führt zwar auch wieder zu einer schnelleren Entsättigung der Gewebe, doch oftmals ist der Aufstieg geruhsamer als die Aktionen während der Grundzeit. Auch hier kann es zur Blasenbildung kommen, weil die mit verminderter Arbeit zurückgehende Gewebedurchblutung die schnellere Entsättigung verhindert.
  • Unter ungünstigen Umständen können sogar Erschütterungen oder Vibrationen nach einen Tauchgang zur Symptomatik führen. Dauerlauf oder Sport beispielsweise nach einem Tauchgang sollte mit gebührendem zeitlichen Abstand auf dem Tagesplan stehen. Aber man braucht auch nur an den schnellen Zodiak denken, der mit den aufgesammelten Tauchern zur Basis oder zum Safariboot über die kabbelige See "zurückbrettert". Jeder hat schon mal eine offene Flasche Selters oder Cola geschüttelt ... .
Soweit zunächst einige Grundlagen der DCI. Im ersten Moment sicher mit gefährlichem Beigeschmack oder sogar abschreckend. Doch der Taucher oder Interessent sollte sich vor Augen halten, daß der Tauchsport insgesamt ein sehr sicherer Sport ist. Schon die Beachtung von einigen Grundregeln senkt das Risiko entscheidend. Ausgeruht, gesund und fit den Tauchgang antreten. Vor dem Tauchen in sich "hineinhorchen und -fühlen" - alles o.k.? Bei Abneigung oder Unbehagen, Angst oder Unwohlsein lieber auf das Tauchen verzichten. War und ist die Flüssigkeitszufuhr ausreichend? Viele vermeiden das Trinken vor Tauchgängen in der Annahme, dem dringenden Bedürfnis unter Wasser ausweichen zu können. Sie beachten dabei nicht, das die volle Blase beim Tauchen über den Mechanismus der Taucherdiurese entsteht und weniger durch das Trinken, sie berauben sich durch die fehlende Flüssigkeitsaufnahme des Transportmittels für Stickstoff und verschlimmern eine doch einmal auftretende DCI!

Im weiteren sollte man sich noch einmal die Tauchgangsplanung durch den Kopf gehen lassen, ist sie korrekt, Tiefengestaltung berücksichtigt, Wiederholungstauchgänge berücksichtigt? Computernutzer sollten, ungeachtet des Preises ihrer Geräte, die Angaben im Display mit einer angemessenen Portion Skepsis betrachten. Auch der beste Tauchcomputer kann nicht alle Einflüsse berücksichtigen, aber sie können es besser als Tauchtabellen und Wheels. Wie sicher und erfahren ist eigentlich mein Buddy? Ist für den eventuellen Notfall ein Plan erstellt, wo ist der nächste Sauerstoff erreichbar, Handy mit Telefonnummern in Reichweite? Ist überhaupt eine aktuelle Tauchtauglichkeitsuntersuchung vorhanden? Das sind u.a. Fragen, die ein erfahrener Taucher sicher mehr im Unterbewußtsein abarbeitet, so wie ein Berufskraftfahrer die Gänge seines Fahrzeugs wechselt. Wer das noch nicht verinnerlicht hat, sollte sich seine Gedanken-Checkliste erarbeiten. Und mit dem Wissen im Hintergrund, das der "Faktor Mensch" die wesentliche Unfallursache bei Tauchzwischenfällen ist!

Einige Bemerkungen zur Tauchtauglichkeit:
Es gibt weder für das Tauchen noch für Tauchtauglichkeitsuntersuchungen eine gesetzliche Regelung. In aller Regel liegt beim Tauchen keine Fremdgefährdung vor, somit auch kein öffentliches Interesse an entsprechenden Gesetzen. Jeder kann sich ein Tauchgerät kaufen und in Selbstverantwortung nutzen. Jeder sollte sich aber vor Augen halten, daß sich der Mensch beim Tauchen in eine Umwelt begibt, die nicht zum eigentlichen Lebensraum gehört und deshalb besondere Bedingungen für den Organismus in physischer und psychischer Art vorgibt. Gefahr entsteht, wenn der Taucher diesen Bedingungen nicht gewachsen ist. Unter der Wasseroberfläche gibt es kaum Möglichkeiten zur Erholung oder Fehlerkorrektur. Mit der Tauglichkeitsuntersuchung soll möglichst umfassend beurteilt werden, wie es um die körperliche Leistungs- und Anpassungsfähigkeit (Ehm 1999) bestellt ist. Die spezifischen Bedingungen beim Tauchen und das sprunghaft wachsende Wissen in der Tauch- und Hyperbarmedizin sollte unbedingt Berücksichtigung finden. Sportler werden durch Sportmediziner betreut, Piloten durch Flugmediziner - wie steht es um uns Taucher?

Dr.med. Torsten Encke
Jörg Schulze

Tauchmedizinische Sprechstunde am Johanniter-Krankenhaus Genthin
Karower Straße 1 - 3; 39307 Genthin
Tel.: 03933 - 945 284 / 485 / 201
tencke@jksdl.de
jschulze@jksdl.de


Lesen Sie nun den Bericht: Dekounfall auf 10m?


Weitere Fragen beantworten wir gern im Forum
Zurück zur Artikelübersicht

  Zum Seitenanfang

"Tauchen und Reisen mit 200bar.de" wird präsentiert vom Tauchsportservice Potsdam
- Ihr Partner für den Tauchsport in Berlin / Brandenburg -
| 16.04.2024 | Copyright © 1999 - 2024 200bar.de |
| Tauchunternehmen Aquaworker | Industriekletterer Ausbildung |
| Kontakt | Sitemap | Impressum & Rechtshinweise | Datenschutz | Links & Partner | Link setzen | Tauchen lernen |